Peking fordert von Priestern „Liebe zur Partei“

Das totalitäre kommunistische Regime in der Volksrepublik China duldet keinen Bereich, der nicht überwacht wird.

(Peking) Das chinesische Regime verlangt mit einem neuen Dekret von den Priestern „Liebe zur Kommunistischen Partei“. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte IGFM mit Sitz in Frankfurt am Main spricht von einer weiteren „totalitären Maßnahme zur Einschränkung der Religionsfreiheit“ und von einer „totalen Kontrolle der Religionsausübung“.

Das neue Dekret gilt für alle Religionen und bezieht sich auf alle Religionsvertreter von katholischen Priestern über protestantische Pastoren, buddhistische Lamas, taoistische Mönche, konfuzianische Priester und islamische Imame.

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist die Verordnung Nr. 15 bereits im Januar beschlossen worden. Am 1. Mai 2021 tritt sie in Kraft und erstreckt ihre Wirkung auf alle „religiösen Institutionen“ des kommunistischen Großreiches. Die Durchführungsbestimmung wurde vom Nationalen Amt für Religionsangelegenheiten erlassen. Dieses Amt unterstand bis Ende 2018 direkt der chinesischen Regierung. Im Zuge einer umfassenden Verfassungsänderung wurde der Bereich Religion direkt der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) unterstellt.

Seither ist die Zentralabteilung Vereinigte Arbeitsfront des Zentralkomitees (ZK) der KPCh für Religionsangelegenheiten zuständig. Hauptaufgabe der Zentralabteilung Vereinigte Arbeitsfront ist es, dafür zu sorgen, daß sich die Religionsvertreter den Anweisungen der Kommunistischen Partei fügen.

Der Hongkonger Katholik und Sozialwissenschaftler Eric Lai, Lektor an der Chinesischen Universität Hongkong und Chevening Scholar, sah im März 2018 in dieser Neuordnung einen Paradigmenwechsel:

„Die KPCh sieht in den Religionen nicht mehr etwas Externes, das es zu kontrollieren gilt, sondern ein Instrument in der Hand der Partei, das aktiv eingesetzt werden soll, um die Stabilität des Regimes zu sichern.“

In diesem Sinne ist auch die neue Verordnung Nr. 15 zu verstehen. Die Religionsvertreter werden verpflichtet, „die nationale Einheit, die ethnische Einheit, die religiöse Harmonie und die soziale Stabilität“ zu fördern und aufrechtzuerhalten. Vor allem dürfen sie in keiner Weise „die nationale Sicherheit gefährden“, „die nationale Einheit untergraben“ oder „das Land spalten“.

Die IGFM sieht darin die Absicht der Kommunistischen Partei Chinas, die von ihr proklamierte „Sinisierung“ der Religionen „bis zur totalen Gleichschaltung aller Gläubigen“ umzusetzen. Anders ausgedrückt: Das neue Dekret werde ein weiteres Instrument sein, um „die dauerhafte Unterdrückung der Gläubigen unterschiedlicher Religionen zu institutionalisieren“.

Nicht nur die Religionsvertreter, Tempel‑, Kirchen- und Gemeindevorsteher, sondern auch alle religiösen Schriften und Zeremonien müssen künftig den „Standards der KP-Führung“ entsprechen. Religionen werden geduldet, soweit sie sich dem Regime unterwerfen und die Oberhoheit der Kommunistischen Partei in „Glaubensfragen“ anerkennen.

Um das Dekret durchzusetzen, sind vom kommunistischen Regime drastische Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen vorgesehen. Konkret scheint die Ausweitung des „Sozialkredit-Systems“ auf religiöse Institutionen und Aktivitäten beabsichtigt. Jeder Religionsvertreter wird einen „personenbezogenen zwölfstelligen Zahlencode“ erhalten, der Teil eines Bewertungssystems ist. Wer sich im Sinne der kommunistischen Diktatur „gut“ verhält, wird belohnt, wer sich „schlecht“ verhält, wird bestraft. 

Das gesamte Leben in der Volksrepublik China, der größten totalitären Diktatur der Weltgeschichte, wird seit 2014 im Sinne dieses digitalen Sozialkredit-Systems umgebaut. Gekoppelt ist damit die Kreditwürdigkeit, das Strafregister, die Gesundheitsvorsorge, Mobilität und auch die Zahlungsfähigkeit. Es handelt sich nicht nur um ein System der totalen Überwachung, sondern auch der ständigen Disziplinierung durch teilweise automatisierten Ausschluß von bestimmten Zutritten oder Möglichkeiten, etwa Reisen, Sperrung der Konten bis hin zur Wiedereinführung eines digitalen öffentlichen Prangers.

Die Religionsvertreter müssen ihre religiösen Aktivitäten im Voraus melden und genehmigen lassen. Jede Zuwiderhandlung vermindert im digitalen Sozialkredit-System ihr Ansehen und führt zu Geldstrafen – im besseren Fall. „Bei Nichteinhaltung könnten sie ihre Legitimation verlieren und müssen mit Strafmaßnahmen rechnen“, so die IGFM.

Die Zahl der Katholiken in der Volksrepublik China wird auf zehn bis vierzig Millionen geschätzt.

Quelle: katholisches, G. N. Bild: AsiaNews

Pater Andreas Endl

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