Papst Leo XIV. und das Konzil von Nicäa

Analogien zwischen dem Arianischen Streit und heute

Papst Leo XIV. und das Konzil von Nicäa vor 1700 Jahren
©Corrispondenza Romana

Von Roberto de Mattei

In seiner Predigt anläßlich der Inthronisierung am 18. Mai hat Papst Leo XIV. mehrfach zur Einheit der Kirche aufgerufen. Der Papst ist sich in der Tat bewußt, daß es starke interne Gegensätze gibt, die sich unter dem Pontifikat von Franziskus verschärft haben und in einer zerreißenden Weise explodieren könnten.

Die Kirche kennt seit ihrer Geburt interne Spaltungen, die zu Schismen und Häresien führten. Am 20. Mai 2025 jährt sich zum 1700. Mal das Konzil von Nicäa, bei dem Kaiser Konstantin eine Versammlung der christlichen Bischöfe aus der ganzen Welt einberief, um eine Häresie zu bekämpfen, die die Einheit der Kirche und des entstehenden christlichen Reiches bedrohte. Diese Häresie war der Arianismus, der seinen Namen von seinem Begründer, dem Priester Arius, einem Prediger in der Patriarchenstadt Alexandria in Ägypten, erhielt. Arius behauptete, daß das Wort, die zweite Person der Heiligen Dreifaltigkeit, dem Vater nicht gleichgestellt, sondern von ihm, als Mittelbegriff zwischen Gott und Mensch geschaffen und daher aus einer anderen Substanz als der göttlichen Substanz des Vaters sei. Diese Theorie war ein Angriff auf den Kern des trinitarischen Mysteriums und erschütterte die Grundlagen des Glaubens.

Das von Konstantin einberufene Konzil fand in Nicäa statt, einer Stadt in Bithynien, heute in der Türkei, wo die Vertreter des Christentums aus der ganzen damals bekannten Welt, etwa dreihundert an der Zahl, zusammenkamen.

Der Historiker Eusebius schreibt, daß „die Blüte der Diener Gottes aus ganz Europa, Libyen und Asien kam“. Berühmte Männer waren zu sehen: die Thaumaturgen Spiridion und Jakobus von Nisibis, die angeblich Tote auferweckt hatten; die ägyptischen Glaubensbekenner Potamon von Herakleopolis und Paphnutius der oberen Thebais, die beide bei der Verfolgung durch Maximus ein Auge verloren hatten, und auch Paulus von Neocaesarea, dessen Hände durch die glühenden Eisen verbrannt worden waren, die Licinius hatte anbringen lassen. Papst Silvester I., der aufgrund seines hohen Alters nicht am Konzil teilnehmen konnte, ließ sich durch zwei römische Kleriker, Victor und Vincentius, vertreten.

Zehn Jahre zuvor war für die meisten von ihnen das Leben noch unmöglich, die Bedrohung immerwährend; jetzt boten der Prunk der Paläste, die Majestät der Zeremonien, die Ehrengarde entbot den christlichen Würdenträgern den Waffengruß, ein Schauspiel, das sich niemand hätte vorstellen können.

Unter dem Vorsitz Konstantins begannen die Beratungen. Im Saal prallten zwei unversöhnliche Strömungen aufeinander, vertreten durch zwei Männer, die keine Bischöfe, sondern Berater der Konzilsväter waren: der Häretiker Arius, der seine Parteiung hinter den Kulissen anführte, und Athanasius, der unbeugsame Organisator des Widerstands der orthodoxen Katholiken dagegen.

Die mehr oder weniger erklärten Parteigänger des Arius, so der französische Historiker Daniel Rops, bedienten sich aller Mittel der Dialektik, aber das tiefste christliche Gefühl war gegen sie. Der Diakon Athanasius stellte die unumstößliche Tatsache der Erlösung als Eckpfeiler des Christentums dar. Die Erlösung macht nur Sinn, wenn Gott selbst Mensch wird, wenn er leidet, stirbt und aufersteht, wenn Christus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist. Der Sohn ist kein Geschöpf; er hat immer existiert; er war immer neben dem Vater, mit ihm vereint, verschieden, aber untrennbar. Das Konzil nahm unter dem Einfluß von Athanasius den Begriff ὁμοούσιον (homoousion) an, der im Lateinischen mit consubstantialem übersetzt wurde.

Es wurde eine neue „Glaubensregel“ aufgestellt, die sich nicht vom ersten „Glaubensbekenntnis“ der Apostel unterscheidet, aber deutlicher ist und so geschrieben wurde, daß kein Irrtum mehr möglich ist. Dieser Text ist das Symbolum von Nicäa, das sonntags in der Messe verkündet wird, wenn vor dem gläubigen Volk seine uralten, immer genauen Aussagen erklingen: genitum non factum consubstantialem Patri: „gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“.

Die überwältigende Mehrheit der Väter bejahte, daß der Sohn wahrhaft Gott ist, eines Wesens mit dem Vater, und Arius wurde verurteilt. Die arianische Frage schien für immer geklärt. Das Konzil von Nicäa endete nach zwei Monaten, am 25. Juli 325, in einer Atmosphäre des Triumphs, doch kaum waren die Väter abgereist, zogen drei von ihnen, darunter Eusebius von Nikomedien, ihre Unterschrift zurück. Innerhalb eines halben Jahrhunderts explodierte das Thema erneut mit großer Heftigkeit.

Das Dogma von der Menschwerdung des Wortes wurde von den Anhängern des Arius in jeder Hinsicht angegriffen. Zwischen die unnachgiebige „Partei“ des Athanasius und jene der Arianer schob sich eine „dritte Partei“, die der „Semiarianer“, die sich ihrerseits in verschiedene Sekten aufspalteten, die eine gewisse Analogie zwischen dem Vater und dem Sohn anerkannten, aber leugneten, daß er „aus derselben Substanz wie der Vater gezeugt, nicht geschaffen“ sei, wie es im Nicaenischen Glaubensbekenntnis heißt. Das Verdienst von Theologen des 4. Jahrhunderts wie dem heiligen Athanasius und dem heiligen Hilarius bestand darin, daß sie unnachgiebig für die Wahrung der Göttlichkeit Christi kämpften, in der das gesamte Christentum besteht.

Wenn die Kirche eine solche Prüfung überstehen konnte und nicht nur unversehrt, sondern gestärkt daraus hervorging, so verdankte sie dies einer kleinen Schar von Glaubensverfechtern, die sich weder durch Intrigen noch durch Drohungen, weder durch Verbannung noch durch Gefangenschaft erschüttern ließen. Von ihren Gegnern als Fanatiker bezeichnet, legten sie ein mutiges Zeugnis für den katholischen Glauben ab.

Benedikt XVI. zeigte die Analogie zwischen der Glaubenskrise der heutigen Zeit und der des 4. Jahrhunderts auf und verglich unsere Zeit mit einer nächtlichen Seeschlacht auf stürmischer See, wobei er eine Metapher verwendete, die der heilige Basilius auf die Zeit nach dem Konzil von Nicäa anwandte. Dieses Bild ist Papst Leo XIV. gewiß gegenwärtig, der in den kommenden Monaten eine Reise nach Nicäa geplant hat, um des Konzils zu gedenken, das den katholischen Glauben bekräftigte und das Schiff der Kirche davor bewahrte, vom Sturm weggefegt zu werden. Gottes Hilfe hat damals nicht gefehlt und wird auch in unseren Tagen nicht ausbleiben.

Quelle: katholisches / Übersetzung: G. Nardi

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