Waffennärrisch: Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache

Waffennärrisch: Heinz-Christian Strache © APA/Georg Hochmuth

„Brauche Sturmgewehr mit Zielfernrohr“

Keine Satire, bitterer Ernst: Florian Scheuba über die geheime Waffen-Einkaufsliste von Heinz-Christian Strache 

Guten Morgen,

das ist eine Geschichte, die ich mit zwei Worten einleiten muss: Keine Satire! Das liegt ein bisschen daran, dass es Florian Scheuba ist, der sie geschrieben hat – aber noch viel mehr am Inhalt, der auf eine bange Frage hinausläuft: Wofür um Himmels Willen glaubt ein österreichischer Spitzenpolitiker, ein Waffenarsenal zu brauchen, mit dem man in einen Kleinstaat einmarschieren könnte, und zwar über Wehrsportübungszwecke hinaus?

Paintball war gestern

Keine Satire: Florian Scheuba hat bei Recherchen zur Ibiza-Affäre eine Waffen-Einkaufsliste von Heinz-Christian Strache entdeckt – und beschreibt hier, was der ehemalige FPÖ-Chef zur Selbstverteidigung beschaffen wollte.

Man muss sich Heinz-Christian Strache als einen äußerst furchtsamen Menschen vorstellen, der sich mit unterschiedlichen Mitteln gegen Gefahren zu schützen versucht.

Wir wissen, dass Strache einer Wahrsagerin 6.000 Euro für „Kraft, Energie, Schutzmantel bei Auftritten und Schutz für In- und Ausland“ bezahlt hat. Er hat zu diesem Zweck nicht nur ein Eigenurinamulett getragen, sondern auch eine geweihte eiförmige Messingschale in seiner Unterhose. Wir wissen, dass die FPÖ auf seine Initiative hin eine Pension in St. Jakob im Defereggental gekauft hat, als Geheim-Versteck für Goldbarren und Rückzugsort im Falle eines von Strache befürchteten Bürgerkriegs.

Und wir kennen Bilder, auf denen er mit Waffen bei Wehrsportübungen posiert. Er hat das später als „Jugendsünde“ und „Paintball-Spiele“ bezeichnet. Wie weit er dabei den Begriff „Jugend“ interpretiert, kann man diskutieren. Fest steht: Paintball war gestern.

Im Zuge der Recherchen für ein Drehbuch über die Ibiza-Affäre, das ich derzeit gemeinsam mit David Schalko, Sebastian Huber, Hanna Herbst und Jan Böhmermann schreibe, sind wir auf eine bislang noch unveröffentlichte Nachricht gestoßen, die Strache 2015 in seiner Zeit als FPÖ-Chef an einen seiner engen Mitarbeiter geschickt hat. Sie lässt darauf schließen, dass der Ex-Vizekanzler und Ex-Wehrsportler die Paintball-Phase weit hinter sich gelassen hat, und mittlerweile zu diesem Thema einen deutlich anspruchsvolleren Zugang verfolgt. So liest sich zumindest seine ziemlich detaillierte Wunschliste:

„Brauche versperrbaren Waffenschrank für Büro oben in Weidling für Langwaffen. Folgende Langwaffen hätte ich gerne: 1) Zweiläufige Schrotflinte mit Hahn und Sicherung 2) Pinelli (Schrott, Halbautomat, 10 Schuss) 3) Steyr Sturmgewehr mit Zielfernrohr…. Laserpointer für meine Babyglock…. Nur die entsprechend starke Munition für alle Waffen… Ausreichend Munition. Bitte auch bei unserem Bezirksrat Martin Kruschitz nachfragen.“

Dazu drei Anmerkungen. FPÖ-Bezirksrat Martin Kruschitz ist Waffenhändler, mit „Pinelli“ meint Strache vermutlich den italienischen Waffenhersteller Benelli, dessen halbautomatische Flinten mit Schrot schießen, und nicht, wie von Strache geschrieben, mit Schrott. Und bei „Babyglock“ handelt es sich nicht um einen Spitznamen von Johann Gudenus, sondern um eine Selbstladepistole im Kaliber 9 mal 19 Millimeter, die sich durch ihre kompakte Bauweise besonders gut zum verdeckten Tragen eignet.

Steyr AUG Z: Die zivile Version des weltberühmten Sturmgewehrs hätte Strache durchaus kaufen können © Steyr Arms

Was Heinz-Christian Strache mit dieser Bestellung vorhatte, wissen wir nicht. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls davon auszugehen, dass er in den vergangenen Jahren nicht nur sein Eigenurinamulett und die geweihte eiförmige Messingschale bei sich getragen hat.

Zwei Fragen drängen sich auf: Warum braucht ein Vizekanzler ein Sturmgewehr? Und warum macht man einen Mann, der ein Sturmgewehr braucht, zum Vizekanzler unseres Landes?

Eines wissen wir jetzt aber mit Sicherheit: Man wurde und wird Strache nicht gerecht, wenn man ihn als paranoiden Spinner abtut, der einfach einen Schuss hat.

Denn offenbar hat er sehr viel mehr.

Quelle: https://www.falter.at/morgen/20210512/heinz-christian-straches-geheime-waffenliste

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