Christen werden in Nordkorea verfolgt

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un / © A. Khitrov

Warum fürchtet Kim die Kirchen?

Pfarrer Kenneth Bae war zwei Jahre lang in Nordkorea inhaftiert und wurde gefoltert. Nirgendwo werden Christen so sehr drangsaliert wie dort. Er berichtet über die Staatsdoktrin, die Zeit der Haft und die Folgen.

15 Jahre Arbeitslager laute das Urteil: Zehn Stunden am Tag, sechs Tage die Woche musste Kenneth Bae Feldarbeit verrichten. Nachts durfte er nicht liegen, sondern musste sitzend ausruhen, während Wärter ihm mit Lampen ins Gesicht leuchteten und ihn am Schlaf hinderten. Bae war der erste Amerikaner, der in ein Nordkoreanisches Arbeitslager geschickt wurde. Am Ende war er 735 Tage in Haft, bevor er freikam.

Kenneth Bae wurde 1968 in Südkorea geboren, seine Familie wanderte 1985 in die USA aus, wo er die Universität in Oregon und das Covenant Seminary in St. Louis besuchte, bevor er 2006 als Missionar nach China ging. „Ich arbeitete in der Stadt Dandong, nahe der nordkoreanischen Grenzen“, erzählt er. Dort begegnete er erstmals geflüchteten Christen aus Nordkorea. „Ich fragte sie, was sie brauchen und sie antworteten mir: „Bete für die Menschen in Nordkorea!“

Glaube wird bestraft

Das Land belegt regelmäßig Platz 1 im Weltverfolgungsindex des internationalen Hilfswerkes „Open Doors“. Schätzungen zufolge leben heute noch etwa 15.000 Christen in Nordkorea. Gottesdienste, öffentliche Gebete und der Besitz von Bibeln werden als politisches Verbrechen geahndet. „Viele Menschen haben noch niemals von Jesus gehört. Der Glaube wurde ausradiert und durch die Juche-Ideologie ersetzt“, erklärt Bae. „Man kann sagen, dass Juche die Religion Nordkoreas ist. In ihr gibt es zwar keinen Gott, aber die verstorbenen Herrscher werden wie Heilige verehrt.“ Die Ideologie wurde von Staatsgründer Kim Il-sung entworfen: Demnach gibt es keinen Gott, der Führer steht über allem. Die Juche bestimmt das Leben des Landes, mit ihr entstand auch der Personenkult um ihn und seinen Sohn Kim Jong-il.

Ehemaliges Zentrum der Christen in Asien

Pfarrer Kenneth Bae begann, von China aus Gebetsinitiativen zu organisieren. Im Jahr 2010 durfte er erstmals auf Einladung eines befreundeten Missionars und mit offizieller Erlaubnis der nordkoreanischen Behörden einreisen. „Man dachte, dass ich vielleicht Investoren oder Touristen nach Nordkorea bringen würden, die dem Land Geld bringen“, erklärt Bae. Von da an reiste er regelmäßig nach Nordkorea und führte als Beter christliche Besuchergruppen durch das Land.

Vor dem Korea-Krieg galt Pjöngjang als das „Jerusalem des Fernen Ostens“. Doch heute sind fast alle der ehemals rund 3600 Kirchen zerstört, Christen sind außer Landes geflohen, kirchliche Aktivitäten sind illegal, mit Ausnahme offiziell genehmigter Veranstaltungen. „Es gibt noch drei oder vier Propaganda-Kirchen in Pjöngjang, die unter dem Einfluss der Regierung stehen und von Touristen besucht werden können, als „Beweis“ für die Religionsfreiheit, die im Land angeblich gilt“, erzählt Bae. 

Kim kopiert die Bibel

Doch warum fürchte das Regime andere Religionen und insbesondere das Christentum so sehr? „Für sie ist die christliche Botschaft ein Virus, das sich nicht verbreiten darf, weil es die Nordkoreaner von ihrem Glauben an den politischen Führer abbringen könnte“, sagt Bae. „Und weil dann rauskommen würde, dass Kim vieles aus der Bibel kopiert hat.“ So habe die Juche etwa ihre eigenen Zehn Gebote, erzählt er, und die besagten beispielsweise, dass niemand anderes angebetet werden darf, als Kim Il-sung und seine Nachfolger. „Das ist ein bisschen lächerlich“, fügt er hinzu.

Im Jahr 2012 wurde Kenneth Bae bei einer seiner Touren nach Nordkorea verhaftet. Auf der Festplatte seines Computers fand die Geheimpolizei bei der Einreise einen westlichen Dokumentarfilm über Nordkorea und wertete das als einen Frontalangriff auf den nordkoreanischen Staat. Trotz weltweiter diplomatischer Bemühungen wurde Bae zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt, als erster Amerikaner überhaupt. „Ich wusste, dass es nicht um mich ging, sondern darum, die USA zu treffen“, erzählt er.

Trost durch Gott

Die Haftbedingungen erinnert er bis heute als qualvoll, die Arbeit war hart, Bae erkrankte und verlor über 30 Kilo. Trost fand er in dieser Zeit bei Gott: „Ich fragte ihn, wie lange ich im Lager bleiben würde und er sagte mir, dass dies nicht ohne Grund geschehe und dass er bei mir bleiben würde“, erinnert sich der Pfarrer. „Das war ein Versprechen und ich lernte, ihm zu vertrauen. Es gab ja auch niemand anderen, dem ich vertrauen konnte.“

Am Ende seien sogar einzelne Wächter zu ihm gekommen, um mit ihm über ihren Glauben zu sprechen und von Gott zu erfahren, erzählt er. Heimlich, wenn sie alleine waren, denn das durfte niemand erfahren. „Da erkannte ich meine Bestimmung, offenbar hat Gott andere Pläne mit mir“, sagt er und lächelt.

Die US-Regierung unternahm zahlreiche Versuche, ihn herauszuholen, doch immer wieder scheiterten die Vermittlungen. Erst am 8. November 2014 – nach insgesamt 735 Tagen Haft und zähem diplomatischen Ringen – wurde er freigelassen. „Danach wusste ich was ich zu tun hatte“, sagte er: „In Nordkorea sind so viele Menschen unfrei. Gott hatte meine Gebete erhört und heute weiß ich, dass wir für sie beten müssen, so wie die Menschen weltweit für mich gebetet haben!“

Christen in Nordkorea nicht vergessen

Darüber hat er ein Buch geschrieben: „Not forgotten“, heißt es; auf das Schicksal der Christen in Nordkorea aufmerksam zu machen, ist seither seine Mission. Er hat vor dem US-Kongress, dem Senat und der UN in Genf gesprochen. Und er gründete die „Nehemiah Global Initiative“, die sich um nordkoreanische Flüchtlinge kümmert.

„Ich bin keine bedeutende Person“, sagt er. „Aber mein Beispiel zeigt, dass Gott auch mit kleinen Menschen Großes vollbringen kann. Ich überbringe nur eine Botschaft. Ich habe ein zweites Leben geschenkt bekommen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Und ich träume davon, dass die Menschen in Nordkorea irgendwann frei sein können!“

Quelle: domradio.de

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