Der einzige Weg vorwärts ist die Rückkehr zur Tradition

Ist die sogenannte Neuevangelisierung gescheitert? Ja, sagt der US-amerikanische Priester David Nix. Entstanden ist der Begriff in den 90er Jahren, als Papst Johannes Paul II. die Notwendigkeit betonte, das Evangelium in den sogenannten „alten“ katholischen Ländern, in denen der Glaube geschwächt war und eine zunehmende Säkularisierung um sich griff, neu zu verkünden. Einen besonderen Impuls dazu hatte die Bischofssynode von 1991 gegeben. Den Kampagnen fehle jedoch die lebendige Grundlage, so Father Nix.
Papst Benedikt XVI. errichtete zur Unterstreichung dieser Notwendigkeit 2010 einen eigenen Päpstlichen Rat zur Förderung der Neuevangelisierung. Erster und einziger Vorsitzender war Kurienerzbischof Rino Fisichella, da Papst Franziskus den Rat 2022 im Zuge der Kurienreform mit der bereits 1622 gegründeten Kongregation für die Evangelisierung der Völker zum Dikasterium für die Evangelisierung zusammenlegte. Fisichella ist seither zusammen mit Kardinal Luis Antonio Tagle Pro-Präfekt dieses Dikasteriums.
Besondere Impulse waren von dem Päpstlichen Rat allerdings nie ausgegangen, weshalb seine Abschaffung kaum jemandem auffiel. Gleiches gilt für die Neuevangelisierungskampagnen, die von bürokratisierten diözesanen Apparaten initiiert wurden.
Das religionssoziologische Pew Research Center veröffentlichte jüngst eine Graphik, die einen stetigen Rückgang der Zahl der Konversionen zur katholischen Kirche in den USA zeigt. Diese Graphik wurde von Eric Sammons, Chefredakteur des Crisis Magazine, aufgegriffen und auf X mit dem Kommentar weitergeleitet: „Von einem Höchststand von 172.581 Neubekehrten im Jahr 1999 hatten wir nur mehr 72.212 im Jahr 2022 – ein Rückgang von 58 Prozent“.

Father David Nix spricht von einem „katastrophalen Verlust für eine Kirche, die behauptet, missionarisch zu sein“.
Das Pew Research Center veröffentlichte aber auch einen Vergleich mit den Austritten, also jenen Katholiken, die der katholischen Kirche im selben Zeitraum den Rücken kehrten. Während ein Konvertit zur Vordertür in die Kirche aufgenommen wird, verlassen acht Katholiken die Kirche durch die Hintertür. Father Nix schreibt dazu:
„Wie seltsam ist es also, daß in Videos auf katholischen Jugendkonferenzen oft ein aalglatter junger Priester zu sehen ist, der sich über Schlechte-Nachrichten-Katholiken (wie mich) lustig macht, indem er etwas Sarkastisches in die Kamera sagt wie: ‚Das ist die verschlafene, sterbende Kirche!‘ Nun, nein, antworte ich… Deine Jugendkonferenz mit Laserstrahlen und Nebelmaschinen stellt vielleicht im Moment keine ‚schläfrige, sterbende Kirche‘ dar, aber deine Eskapaden werden bald Millionen weiterer Opfer unter den Kindern hervorbringen, die irgendetwas interessanter finden werden als deine Trommel-Kits, umgeben von Life-Teen-Plastikhüllen. Zumindest werden sie sich vom Katholizismus abwenden, wenn sie fertig damit sind, wie die Protestanten der MegaChurches mit Dauergrinsen im Gesicht herumspringen. Glaubt mir, ich war auf diesen Konferenzen und lebte selbst so lange wie möglich in einem geistigen Rausch.“
Damit kommt die Analyse von Father David Nix zu ihrem Kern:
„Die Anhänger der ‚Neuevangelisierung‘ werden Ihnen immer von den zehn Bekehrten erzählen, die ihre Gemeinde in einem Jahr nach dem Einsatz eines neuen, ausgefallenen ‚Go Make Disciples‘-Programms gewonnen hat, ohne Ihnen von den 84 Menschen zu erzählen, die im selben Jahr wieder gegangen sind. (Ja, 10 gegen 84 ist das obige Diagramm in grün.) Es ist schön, daß ein paar Protestanten in der Stadt eine ‚Catholic Answers‘-Seite über die Eucharistie lesen und in der örtlichen katholischen Gemeinde erscheinen. Aber wenn in dieser Gemeinde dann Laien die heilige Eucharistie anfassen, als wäre es normales Brot, gibt es wirklich keinen Grund zu bleiben. Das ist der Grund, warum die Katholiken abwandern.“
Auch der katholische Klerus verhalte sich oft „nicht mehr katholisch“, so Father Nix. Die Neuevangelisierung sei statistisch und religiös gesehen „ein totaler Schiffbruch“, weil er den Verlust der Menschen vertuscht, die gläubig sein könnten, „wenn nicht der Modernismus den wahren Katholizismus ersetzen würde“.

Der Priester aus Denver stellt den oft aufgeblasenen, aber künstlichen offiziellen Neuevangelisierungs-Programmen die klassische, traditionelle Evangelisierung gegenüber. Diese hat in zweitausend Jahren Milliarden von Bekehrten hervorgebracht. Father Nix zieht weitere Statistiken hinzu.
Aus diesen geht hervor, daß bereits im Zeitraum 1965 bis 2002 fast ein exakt gleich starker Rückgang von Konvertiten zu verzeichnen war wie von 1999 bis 2022.
„Das bedeutet, daß die katholische Kirche in den USA seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht nur enorm viele Katholiken verloren hat, sondern daß wir auch immer weniger Konvertiten haben im Vergleich zur Zeit vor dem Zweiten Vaticanum.“
Dazu analysiert der Priester:
„Viele neokonservative Apologeten werden sagen, daß die Zahlen unserer US-Katholiken ‚wegen der sexuellen Revolution und nicht wegen des Zweiten Vaticanums‘ in den Keller gegangen sind. Aber wenn es nur die sexuelle Revolution war, warum sind dann unsere bibeltreuesten Katholiken seit den 1980er und 1990er Jahren sowohl in Nordamerika als auch in Südamerika zu bibeltreuen evangelikalen protestantischen Gemeinschaften geflohen? Weil die Evangelikalen mehr vom Glauben bewahrt haben (sogar mit ihren fehlenden Büchern der Bibel) als unsere auf soziale Gerechtigkeit fixierte Kanzeln in Novus-Ordo-Gemeinden.“
Daraus folgert er:
„Aber Moment mal! Ich dachte, das Zweite Vatikanische Konzil sollte die Protestanten zu uns Katholiken führn, weil wir nun endlich ‚eine echte Beziehung zu Gott‘ hätten und anscheinend eine ‚urkirchliche Liturgie‘ besitzen. Eines der vielen Probleme bei der Umwandlung unserer eigenen katholischen Kirche in eine riesige protestantische Gemeinschaft ist vielmehr, daß wir für bibeltreue Protestanten nicht mehr attraktiv sind.“
So gelangt Father Nix zur klaren Schlußfolgerung:
„Nach so viel Selbstzerstörung durch den Modernismus besteht unser einziger Weg vorwärts darin, in unsere volle katholische Tradition zurückzukehren.“
Father David Nix wurde 1978 in Denver geboren und absolvierte in Boston und Paris ein Medizinstudium. Nach einer Zeit in der Missionsarbeit trat er 2004 in das Priesterseminar der Erzdiözese Denver ein und wurde 2010 von Erzbischof Charles Chaput OFMCap zum Priester geweiht. Im selben Jahr erwarb der sehr sprachbegabte Priester an der Päpstlichen Lateranuniversität in Rom einen akademischen Abschluß. Sein Einsatz gilt vor allem dem Ende der Abtreibung und des Kinderhandels. Seit einigen Jahren lebt er als diözesaner Eremit, als Priestermissionar mit Apostolaten, die in einer Lebensregel nach Canon 603 des Codex des kanonischen Rechts von seinem Bischof genehmigt sind.
Quelle: G. N. Bild: Pew Research Center/X/padreperegrino.org (Screenshots)