Archiv für den Monat: Januar 2018

Appell an Papst Franziskus mit scharfer Kritik

Konvertiten fordern Ende der Islamisierung

Konvertiten, ehemalige Muslime, die Christen wurden, haben an Papst Franziskus einen leidenschaftlichen Appell gerichtet, der den ganzen Westen angeht. Sie fordern das Ende der Islamisierung und von Papst Franziskus, die Förderung dieser Islamisierung einzustellen.

(Rom) Eine Gruppe von Konvertiten, die sich vom Islam zum katholischen Glauben bekehrt haben, haben einen dramatischen Appell an Papst Franziskus gerichtet. Sie kritisieren eine „naive und gefährliche Haltung“ gegenüber dem Islam. Sie fordern ein Ende der Islamisierung des Westens und von Papst Franziskus, daß er die Förderung dieser Islamisierung beenden solle. Die Sache sei sehr ernst, denn es gehe „um eine Frage von Leben und Tod“.

Die ökumenischen und interreligiösen Anstrengungen des Vatikans und von Teilen der katholischen Kirche haben sich in den vergangenen Jahren, durch die massive Einwanderung aus islamischen Staaten, noch verstärkt. Erzbischof Luigi Negri kritisierte vor wenigen Tagen, daß man um Weihnachten den Eindruck gewinnen konnte, „als würden wir das Fest des Migranten und nicht die Geburt Christi feiern“.

Verfechter dieser Anstrengungen versichern dagegen, daß dadurch die Integrität der Glaubenswahrheit weder in Frage gestellt noch gefährdet werde.

„Es gibt aber noch ein mögliches Opfer, von dem nicht gesprochen wird“, so Carlos Esteban von InfoVaticana.

Gemeint sind die Konvertiten aus dem Islam bzw. jene Muslime, die ernsthaft eine Konversion zur katholischen Kirche beabsichtigen.

Keine Antwort aus Santa Marta auf den Appell

Fördert Papst Franziskus die Islamisierung?

In den vergangenen Tagen wurde Papst Franziskus der Appell einer Gruppe von Konvertiten übermittelt, der von 3.000 Personen unterzeichnet wurde. Er wurde von den ehemaligen Muslimen bereits am Weihnachtsfest veröffentlicht, aber bisher von den „Leitmedien“ ignoriert. Genau dieses Verhalten, dieses Wegschauen, ist der Grund des Appells in dem Papst Franziskus eine „sehr einfache Frage“ gestellt wird, so InfoVaticana:

„Warum riskiert man buchstäblich das Leben, um katholisch zu werden, wenn der Islam ‚an sich eine gute Religion ist‘, wie der Papst zu lehren scheint?

Bis jetzt gab es auf die Frage keine Reaktion aus Santa Marta, „obwohl sie sehr relevant ist“, so InfoVaticana. Doch das kenne man schon „von den Dubia und der Correctio filialis“. Die Frage, so Esteban, betreffe zwar nicht nur den Islam, sei aber für muslimische Konvertiten besonders dramatisch.

Alle führenden koranischen Rechtsschulen fordern für Apostasie vom Islam die Todesstrafe. Es gibt aus jüngster Zeit genügend Beispiele, die belegen, daß es sich dabei nicht um eine bloß theoretische Forderung handelt, die nur in der Vergangenheit exekutiert wurde. Der Koran (Sure 8.89, 8.7–11) schreibt den Tod des Apostaten vor. Mitten in Europa finden Taufen von Muslimen häufig nur im Verborgenen und unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt.

Die Konvertiten fragen deshalb Papst Franziskus, mit Blick auf verschiedene Aussagen des Kirchenoberhauptes:

„Wie ist es möglich, die Gewalt des Islams mit der Gewalt einzelner Christen gleichzusetzen?“

An Papst Franziskus: „Wir können Sie nicht verstehen“

Im Appell heißt es weiter:

„Ihnen gefällt es nicht, um den heißen Brei zu reden, und uns auch nicht, deshalb erlauben wir uns, Ihnen zu sagen, daß wir Ihre Lehre über den Islam, wie man sie in Evangelii gaudium Nr. 252 und 253 lesen kann, nicht verstehen, weil sie nicht berücksichtigt, daß der Islam NACH Christus kam, und nur der Antichrist sein kann (vgl. 1 Joh 2,22)“.

Was schreibt der Lieblingsjünger des Herrn im Ersten Brief des Johannes?

„Wer ist der Lügner – wenn nicht der, der leugnet, daß Jesus der Christus ist? Das ist der Antichrist: wer den Vater und den Sohn leugnet.“

Als ehemalige Muslime erklären die Autoren des Appells über ausreichend Kenntnis des Islams und der katholischen Glaubenslehre zu verfügen, um sagen zu können, daß eine Vereinbarkeit von Kirche und Islam eine Illusion sei. Dazu zitieren sie verschiedene Stellen aus dem Koran.

Der Islam sei ebenso unvereinbar mit dem katholischen Glauben, so die Konvertiten, wie der Nationalsozialismus und der Kommunismus.

„Die Naivität gegenüber dem Islam ist selbstmörderisch und sehr gefährlich.“

Konvertiten verlassen Kirche wieder, „angewidert von der Feigheit“

Taufe von Magdi Allam durch Benedikt XVI.

„Ist es nicht besorgniserregend, daß der Papst den Koran als Heilsweg anzuerkennen scheint? Sollen wir denn zum Islam zurückkehren?“

Die Unterzeichner spielen aber nicht nur auf die Zweideutigkeit in den Worten von Papst Franziskus an, wenn er über den Islam spricht. Sie beklagen auch seine „Fahrlässigkeit“, die Anhänger Mohammeds nicht „nach Hause“, zur Bekehrung zu rufen.

„Das islamophile Reden Eurer Heiligkeit veranlassen uns, zu beklagen, daß die Muslime nicht aufgefordert werden, den Islam zu verlassen, und daß viele ehemalige Muslime, wie Magdi Allam, die Kirche wieder verlassen: angewidert von der Feigheit, verletzt von zweideutigen Gesten, verwirrt von der mangelnden Evangelisierung und empört vom Lob für den Islam… Auf diese Weise gehen die unwissenden Seelen in die Irre.“

Eine „Frage von Leben und Tod“

Erzbischof Nona Amel

Neben den Gefahren für das ewige Seelenheil sprechen die Konvertiten in ihrem Appell auch die physischen Gefahren heute und jetzt an, denen die Konvertiten durch „die irenische und naive Haltung des Vatikans gegenüber dem Islam“ ausgesetzt seien. Diese konkreten Gefahren für Leib und Leben betreffen zwar besonders die Konvertiten, aber nicht nur, sondern „alle Christen“, weil sie „nicht auf eine Konfrontation mit dem Islam“ vorbereitet werden.

Dazu zitieren sie unter anderem Wort des chaldäisch-katholischen Erzbischofs von Mosul, Nona Amel, von 2014:

„Unser derzeitiges Leiden ist das Vorspiel dessen, was ihr europäischen und westlichen Christen in naher Zukunft erleiden werdet. […] Ihr nehmt in euren Ländern eine wachsende Zahl von Muslimen auf. Auch ihr seid in Gefahr. Ihr müßt entschiedene und mutige Entscheidungen treffen. Ihr glaubt, daß alle Menschen gleich sind, aber der Islam sagt nicht, daß alle Menschen gleich sind. Wenn ihr das nicht bald begreift, werdet ihr zu Opfern des Feindes, den ihr selbst in euer Haus eingeladen habt.“

Die Unterzeichner des Appells an Papst Franziskus sprechen von einer Frage „von Leben und Tod“. Jede Selbstzufriedenheit gegenüber dem Islam sei „Verrat“.

An Papst Franziskus gewandt heißt es:

„Wir wollen nicht, daß der Westen mit der Islamisierung fortfährt, und auch nicht, daß Ihr Handeln dazu beiträgt. Wohin sollten wir dann gehen, um Zuflucht zu finden?“

Quelle: katholisches.info Bild: Screens.

16.01.2018 – Dienstag der 2. Woche im Jahreskreis

Kommentar zum heutigen Evangelium 
Benedikt XVI., Papst von 2005-2013
Apostolisches Schreiben „Sacramentum caritatis“ §72 (© Liberia Editrice Vaticana)

„Der Herr über den Sabbat“: Die von Christus gebrachte Befreiung

Diese radikale Neuheit, die die Eucharistie in das Leben des Menschen hineinträgt, ist dem christlichen Bewußtsein von Anfang an offenbar geworden. Die Gläubigen haben sofort den tiefen Einfluß wahrgenommen, den die Eucharistiefeier auf ihren Lebensstil ausübte. Der hl. Ignatius von Antiochien drückte diese Wahrheit aus, indem er die Christen als diejenigen bezeichnete, „die zur neuen Hoffnung gelangt sind“, und er stellte sie als diejenigen dar, die „sonntäglich leben“ (iuxta dominicam viventes). Diese Formulierung des großen antiochenischen Märtyrers hebt die Verbindung zwischen der eucharistischen Realität und der christlichen Existenz in ihrer Alltäglichkeit klar hervor. Die charakteristische Gewohnheit der Christen, sich am ersten Tag nach dem Sabbat zu versammeln, um die Auferstehung Christi zu feiern, ist – nach dem Bericht des heiligen Märtyrers Justin – auch das Faktum, welches die Lebensform bestimmt, die durch die Begegnung mit Christus erneuert ist.

Die Formulierung des hl. Ignatius – „sonntäglich leben“ – unterstreicht auch den paradigmatischen Wert, den dieser heilige Tag für jeden anderen Tag der Woche besitzt. Er zeichnet sich nämlich nicht aufgrund der bloßen Unterbrechung der üblichen Tätigkeiten aus, wie eine Art Parenthese im gewöhnlichen Rhythmus der Tage. Die Christen haben diesen Tag immer als den ersten Tag der Woche empfunden, weil an ihm das Gedächtnis der von Christus gebrachten radikalen Neuheit gehalten wird. Darum ist der Sonntag der Tag, an dem der Christ jene eucharistische Form seines Lebens wiedererlangt, nach der ständig zu leben er berufen ist. „Sonntäglich leben“ heißt, im Bewußtsein der von Christus gebrachten Befreiung zu leben und das eigene Dasein zu entfalten als Selbsthingabe an Gott, damit sein Sieg durch ein von innen her erneuertes Verhalten allen Menschen gänzlich offenbar werde.

Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner

Tagesevangelium – 16.01.2018

Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus – Mk 2,23-28

An einem Sabbat ging Jesus durch die Kornfelder, und unterwegs rissen seine Jünger Ähren ab.
Da sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat verboten.
Er antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten – wie er zur Zeit des Hohenpriesters Abjatar in das Haus Gottes ging und die heiligen Brote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen Begleitern davon gab? Und Jesus fügte hinzu: Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.

Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner

Hl. Pater Pio – 15.01.2018

Worte des hl. Pater Pio – 15.01.2018

Immer stärker spüre ich das große Verlangen, mich mit wachsendem Vertrauen der göttlichen Barmherzigkeit zu überlassen und in Gott allein all meine Hoffnung zu setzen.

Quelle: Worte des hl. P. Pio, CFM.SCJ Archiv Kairo

15.01.2018 – Montag der 2. Woche im Jahreskreis

Kommentar zum heutigen Evangelium 
Hl. Johannes Paul II. (1920-2005), Papst
Apostolisches Schreiben « Mulieris dignitatum », §§ 23. 26 (© Libreria Editrice Vaticana)

Die Kirche, Braut Christi

Von grundlegender Bedeutung sind hierbei die Worte aus dem Epheserbrief: »Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen. So will er die Kirche herrlich vor sich erscheinen lassen, ohne Flecken, Falten […] Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche« (5, 25, 32). […]

Wir befinden uns hier mitten im Ostergeheimnis, das Gottes bräutliche Liebe zutiefst offenbart. Christus ist der Bräutigam, weil er »sich hingegeben hat«: Sein Leib wurde »hingegeben«, sein Blut wurde »vergossen« (vgl. Lk 24, 19. 20). So hat er »seine Liebe bis zur Vollendung erwiesen« (Joh 13, 1). Die »aufrichtige Hingabe«, die im Kreuzesopfer enthalten ist, hebt endgültig den bräutlichen Sinn der Liebe Gottes hervor. Christus ist als Erlöser der Welt der Bräutigam der Kirche. Die Eucharistie ist das Sakrament unserer Erlösung. Sie ist das Sakrament des Bräutigams und der Braut. Die Eucharistie vergegenwärtigt und verwirklicht auf sakramentale Weise aufs neue den Erlösungsakt Christi, der die Kirche als seinen Leib »erschafft«. Mit diesem »Leib« ist Christus verbunden wie der Bräutigam mit der Braut. Alle diese Aussagen sind im Brief an die Epheser enthalten. In dieses »tiefe Geheimnis« Christi und der Kirche wird die seit dem »Anfang« von Mann und Frau gebildete bleibende »Einheit der zwei« eingefügt.

Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner

Tagesevangelium – 15.01.2018

Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus – Mk 2,18-22

Da die Jünger des Johannes und die Pharisäer zu fasten pflegten, kamen Leute zu Jesus und sagten: Warum fasten deine Jünger nicht, während die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer fasten? Jesus antwortete ihnen: Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Solange der Bräutigam bei ihnen ist, können sie nicht fasten.
Es werden aber Tage kommen, da wird ihnen der Bräutigam genommen sein; an jenem Tag werden sie fasten. Niemand näht ein Stück neuen Stoff auf ein altes Kleid; denn der neue Stoff reißt doch vom alten Kleid ab, und es entsteht ein noch größerer Riss. Auch füllt niemand neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche; der Wein ist verloren, und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuer Wein gehört in neue Schläuche.

Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner

SCHREIBEN VON PAPST BENEDIKT XVI.


AN DEN ERZBISCHOF VON FREIBURG UND VORSITZENDEN DER DEUTSCHEN BISCHOFSKONFERENZ, DR. ROBERT ZOLLITSCH

 

Vatikanstadt
14. 4. 2012

 

Exzellenz!
Sehr geehrter, lieber Herr Erzbischof!

Bei Ihrem Besuch am 15. März 2012 haben Sie mich wissen lassen, daß bezüglich der Übersetzung der Worte „pro multis“ in den Kanongebeten der heiligen Messe nach wie vor keine Einigkeit unter den Bischöfen des deutschen Sprachraums besteht. Es droht anscheinend die Gefahr, daß bei der bald zu erwartenden Veröffentlichung der neuen Ausgabe des „Gotteslobs“ einige Teile des deutschen Sprachraums bei der Übersetzung „für alle“ bleiben wollen, auch wenn die Deutsche Bischofskonferenz sich einig wäre, „für viele“ zu schreiben, wie es vom Heiligen Stuhl gewünscht wird. Ich habe Ihnen versprochen, mich schriftlich zu dieser schwerwiegenden Frage zu äußern, um einer solchen Spaltung im innersten Raum unseres Betens zuvorzukommen. Den Brief, den ich hiermit durch Sie den Mitgliedern der Deutschen Bischofskonferenz schreibe, werde ich auch den übrigen Bischöfen des deutschen Sprachraums zusenden lassen.

Lassen Sie mich zunächst kurz ein Wort über die Entstehung des Problems sagen. In den 60er Jahren, als das Römische Missale unter der Verantwortung der Bischöfe in die deutsche Sprache zu übertragen war, bestand ein exegetischer Konsens darüber, daß das Wort „die vielen“, „viele“ in Jes 53, 11f eine hebräische Ausdrucksform sei, um die Gesamtheit, „alle“ zu benennen. Das Wort „viele“ in den Einsetzungsberichten von Matthäus und Markus sei demgemäß ein Semitismus und müsse mit „alle“ übersetzt werden. Dies bezog man auch auf den unmittelbar zu übersetzenden lateinischen Text, dessen „pro multis“ über die Evangelienberichte auf Jes 53 zurückverweise und daher mit „für alle“ zu übersetzen sei. Dieser exegetische Konsens ist inzwischen zerbröckelt; er besteht nicht mehr. In der deutschen Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift steht im Abendmahlsbericht: „Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird“ (Mk 14, 24: vgl. Mt 26, 28). Damit wird etwas sehr Wichtiges sichtbar: Die Wiedergabe von „pro multis“ mit „für alle“ war keine reine Übersetzung, sondern eine Interpretation, die sehr wohl begründet war und bleibt, aber doch schon Auslegung und mehr als Übersetzung ist.

Diese Verschmelzung von Übersetzung und Auslegung gehört in gewisser Hinsicht zu den Prinzipien, die unmittelbar nach dem Konzil die Übersetzung der liturgischen Bücher in die modernen Sprachen leitete. Man war sich bewußt, wie weit die Bibel und die liturgischen Texte von der Sprach- und Denkwelt der heutigen Menschen entfernt sind, so daß sie auch übersetzt weithin den Teilnehmern des Gottesdienstes unverständlich bleiben mußten. Es war ein neues Unternehmen, daß die heiligen Texte in Übersetzungen offen vor den Teilnehmern am Gottesdienst dastanden und dabei doch in einer großen Entfernung von ihrer Welt bleiben würden, ja, jetzt erst recht in ihrer Entfernung sichtbar würden. So fühlte man sich nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, in die Übersetzung schon Interpretation einzuschmelzen und damit den Weg zu den Menschen abzukürzen, deren Herz und Verstand ja von diesen Worten erreicht werden sollten.

Bis zu einem gewissen Grad bleibt das Prinzip einer inhaltlichen und nicht notwendig auch wörtlichen Übersetzung der Grundtexte weiterhin berechtigt. Da ich die liturgischen Gebete immer wieder in verschiedenen Sprachen beten muß, fällt mir auf, daß zwischen den verschiedenen Übersetzungen manchmal kaum eine Gemeinsamkeit zu finden ist und daß der zugrundeliegende gemeinsame Text oft nur noch von weitem erkennbar bleibt. Dabei sind dann Banalisierungen unterlaufen, die wirkliche Verluste bedeuten. So ist mir im Lauf der Jahre immer mehr auch persönlich deutlich geworden, daß das Prinzip der nicht wörtlichen, sondern strukturellen Entsprechung als Übersetzungsleitlinie seine Grenzen hat. Solchen Einsichten folgend hat die von der Gottesdienst-Kongregation am 28. 3. 2001 erlassene Übersetzer-Instruktion Liturgiam authenticam wieder das Prinzip der wörtlichen Entsprechung in den Vordergrund gerückt, ohne natürlich einen einseitigen Verbalismus vorzuschreiben. Die wichtige Einsicht, die dieser Instruktion zugrunde liegt, besteht in der eingangs schon ausgesprochenen Unterscheidung von Übersetzung und Auslegung. Sie ist sowohl dem Wort der Schrift wie den liturgischen Texten gegenüber notwendig. Einerseits muß das heilige Wort möglichst als es selbst erscheinen, auch mit seiner Fremdheit und den Fragen, die es in sich trägt; andererseits ist der Kirche der Auftrag der Auslegung gegeben, damit – in den Grenzen unseres jeweiligen Verstehens – die Botschaft zu uns kommt, die der Herr uns zugedacht hat. Auch die einfühlsamste Übersetzung kann die Auslegung nicht ersetzen: Es gehört zur Struktur der Offenbarung, daß das Gotteswort in der Auslegungsgemeinschaft der Kirche gelesen wird, daß Treue und Vergegenwärtigung sich miteinander verbinden. Das Wort muß als es selbst, in seiner eigenen, vielleicht uns fremden Gestalt da sein; die Auslegung muß an der Treue zum Wort selbst gemessen werden, aber zugleich es dem heutigen Hörer zugänglich machen.

In diesem Zusammenhang ist vom Heiligen Stuhl entschieden worden, daß bei der neuen Übersetzung des Missale das Wort „pro multis“ als solches übersetzt und nicht zugleich schon ausgelegt werden müsse. An die Stelle der interpretativen Auslegung „für alle“ muß die einfache Übertragung „für viele“ treten. Ich darf dabei darauf hinweisen, daß sowohl bei Matthäus wie bei Markus kein Artikel steht, also nicht „für die vielen“, sondern „für viele“. Wenn diese Entscheidung von der grundsätzlichen Zuordnung von Übersetzung und Auslegung her, wie ich hoffe, durchaus verständlich ist, so bin ich mir doch bewußt, daß sie eine ungeheure Herausforderung an alle bedeutet, denen die Auslegung des Gotteswortes in der Kirche aufgetragen ist. Denn für den normalen Besucher des Gottesdienstes erscheint dies fast unvermeidlich als Bruch mitten im Zentrum des Heiligen. Sie werden fragen: Ist nun Christus nicht für alle gestorben? Hat die Kirche ihre Lehre verändert? Kann und darf sie das? Ist hier eine Reaktion am Werk, die das Erbe des Konzils zerstören will? Wir wissen alle durch die Erfahrung der letzten 50 Jahre, wie tief die Veränderung liturgischer Formen und Texte die Menschen in die Seele trifft; wie sehr muß da eine Veränderung des Textes an einem so zentralen Punkt die Menschen beunruhigen. Weil es so ist, wurde damals, als gemäß der Differenz zwischen Übersetzung und Auslegung für die Übersetzung „viele“ entschieden wurde, zugleich festgelegt, daß dieser Übersetzung in den einzelnen Sprachräumen eine gründliche Katechese vorangehen müsse, in der die Bischöfe ihren Priestern wie durch sie ihren Gläubigen konkret verständlich machen müßten, worum es geht. Das Vorausgehen der Katechese ist die Grundbedingung für das Inkrafttreten der Neuübersetzung. Soviel ich weiß, ist eine solche Katechese bisher im deutschen Sprachraum nicht erfolgt. Die Absicht meines Briefes ist es, Euch alle, liebe Mitbrüder, dringendst darum zu bitten, eine solche Katechese jetzt zu erarbeiten, um sie dann mit den Priestern zu besprechen und zugleich den Gläubigen zugänglich zu machen.

In einer solchen Katechese muß wohl zuerst ganz kurz geklärt werden, warum man bei der Übersetzung des Missale nach dem Konzil das Wort „viele“ mit „alle“ wiedergegeben hat: um in dem von Jesus gewollten Sinn die Universalität des von ihm kommenden Heils unmißverständlich auszudrücken. Dann ergibt sich freilich sofort die Frage: Wenn Jesus für alle gestorben ist, warum hat er dann in den Abendmahlsworten „für viele“ gesagt? Und warum bleiben wir dann bei diesen Einsetzungsworten Jesu? Hier muß zunächst noch eingefügt werden, daß Jesus nach Matthäus und Markus „für viele“, nach Lukas und Paulus aber „für euch“ gesagt hat. Damit ist scheinbar der Kreis noch enger gezogen. Aber gerade von da aus kann man auch auf die Lösung zugehen. Die Jünger wissen, daß die Sendung Jesu über sie und ihren Kreis hinausreicht; daß er gekommen war, die verstreuten Kinder Gottes aus aller Welt zu sammeln (Joh 11, 52). Das „für euch“ macht die Sendung Jesu aber ganz konkret für die Anwesenden. Sie sind nicht irgendwelche anonyme Elemente einer riesigen Ganzheit, sondern jeder einzelne weiß, daß der Herr gerade für mich, für uns gestorben ist. „Für euch“ reicht in die Vergangenheit und in die Zukunft hinein, ich bin ganz persönlich gemeint; wir, die hier Versammelten, sind als solche von Jesus gekannt und geliebt. So ist dieses „für euch“ nicht eine Verengung, sondern eine Konkretisierung, die für jede Eucharistie feiernde Gemeinde gilt, sie konkret mit der Liebe Jesu verbindet. Der Römische Kanon hat in den Wandlungsworten die beiden biblischen Lesarten miteinander verbunden und sagt demgemäß: „Für euch und für viele“. Diese Formel ist dann bei der Liturgie-Reform für alle Hochgebete übernommen worden.

Aber nun noch einmal: Warum „für viele“? Ist der Herr denn nicht für alle gestorben? Daß Jesus Christus als menschgewordener Sohn Gottes der Mensch für alle Menschen, der neue Adam ist, gehört zu den grundlegenden Gewißheiten unseres Glaubens. Ich möchte dafür nur an drei Schrifttexte erinnern: Gott hat seinen Sohn „für alle hingegeben“, formuliert Paulus im Römer-Brief (Röm8, 32). „Einer ist für alle gestorben“, sagt er im zweiten Korinther-Brief über den Tod Jesu (2 Kor 5, 14). Jesus hat sich „als Lösegeld hingegeben für alle“, heißt es im ersten Timotheus-Brief (1 Tim 2, 6). Aber dann ist erst recht noch einmal zu fragen: Wenn dies so klar ist, warum steht dann im Eucharistischen Hochgebet „für viele“? Nun, die Kirche hat diese Formulierung aus den Einsetzungs-Berichten des Neuen Testaments übernommen. Sie sagt so aus Respekt vor dem Wort Jesu, um ihm auch bis ins Wort hinein treu zu bleiben. Die Ehrfurcht vor dem Wort Jesu selbst ist der Grund für die Formulierung des Hochgebets. Aber dann fragen wir: Warum hat wohl Jesus selbst es so gesagt? Der eigentliche Grund besteht darin, daß Jesus sich damit als den Gottesknecht von Jes53 zu erkennen gab, sich als die Gestalt auswies, auf die das Prophetenwort wartete. Ehrfurcht der Kirche vor dem Wort Jesu, Treue Jesu zum Wort der „Schrift“, diese doppelte Treue ist der konkrete Grund für die Formulierung „für viele“. In diese Kette ehrfürchtiger Treue reihen wir uns mit der wörtlichen Übersetzung der Schriftworte ein.

So wie wir vorhin gesehen haben, daß das „für euch“ der lukanisch-paulinischen Tradition nicht verengt, sondern konkretisiert, so können wir jetzt erkennen, daß die Dialektik „viele“ – „alle“ ihre eigene Bedeutung hat. „Alle“ bewegt sich auf der ontologischen Ebene – das Sein und Wirken Jesu umfaßt die ganze Menschheit, Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft. Aber faktisch, geschichtlich in der konkreten Gemeinschaft derer, die Eucharistie feiern, kommt er nur zu „vielen“. So kann man eine dreifache Bedeutung der Zuordnung von „viele“ und „alle“ sehen. Zunächst sollte es für uns, die wir an seinem Tische sitzen dürfen, Überraschung, Freude und Dankbarkeit bedeuten, daß er mich gerufen hat, daß ich bei ihm sein und ihn kennen darf. „Dank sei dem Herrn, der mich aus Gnad’ in seine Kirch’ berufen hat…“. Dann ist dies aber zweitens auch Verantwortung. Wie der Herr die anderen – „alle“ – auf seine Weise erreicht, bleibt letztlich sein Geheimnis. Aber ohne Zweifel ist es eine Verantwortung, von ihm direkt an seinen Tisch gerufen zu sein, so daß ich hören darf: Für euch, für mich hat er gelitten. Die vielen tragen Verantwortung für alle. Die Gemeinschaft der vielen muß Licht auf dem Leuchter, Stadt auf dem Berg, Sauerteig für alle sein. Dies ist eine Berufung, die jeden einzelnen ganz persönlich trifft. Die vielen, die wir sind, müssen in der Verantwortung für das Ganze im Bewußtsein ihrer Sendung stehen. Schließlich mag ein dritter Aspekt dazukommen. In der heutigen Gesellschaft haben wir das Gefühl, keineswegs “viele“ zu sein, sondern ganz wenige – ein kleiner Haufe, der immer weiter abnimmt. Aber nein – wir sind „viele“: „Danach sah ich: eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen“, heißt es in der Offenbarung des Johannes (Offb 7, 9). Wir sind viele und stehen für alle. So gehören die beiden Worte „viele“ und „alle“ zusammen und beziehen sich in Verantwortung und Verheißung aufeinander.

Exzellenz, liebe Mitbrüder im Bischofsamt! Mit alledem wollte ich die inhaltlichen Grundlinien der Katechese andeuten, mit der nun so bald wie möglich Priester und Laien auf die neue Übersetzung vorbereitet werden sollen. Ich hoffe, daß dies alles zugleich einer tieferen Mitfeier der heiligen Eucharistie dienen kann und sich so in die große Aufgabe einreiht, die mit dem „Jahr des Glaubens“ vor uns liegt. Ich darf hoffen, daß die Katechese bald vorgelegt und so Teil der gottesdienstlichen Erneuerung wird, um die sich das Konzil von seiner ersten Sitzungsperiode an gemüht hat.

Mit österlichen Segensgrüßen verbleibe ich

im Herrn Ihr

BENEDICTUS PP XVI

 

Quelle: vatican.va & POSchenker Bild: Screens.