Kardinal Raymond Burke widerspricht Kardinal Gerhard Müller

Kardinal Burke: „Ich fürchte nicht die Aberkennung der Kardinalswürde, sondern wie ich einst vor Unserem Herrn stehen werde“

(Rom) Kardinal Raymond Burke widerspricht Kardinal Gerhard Müller, der in einem Fernsehinterview am vergangenen Sonntag eine „brüderliche Zurechtweisung“ in „weiter Ferne“ sah. Wenn Papst Franziskus nicht auf die Fragen der Kardinäle zu Amoris laetitia antworte, werde es zu einer „brüderlichen Zurechtweisung“ kommen, so der Kardinalpatron des Souveränen Malteserordens.

Das umstrittene nachsynodale Schreiben Amoris laetitia sei „klar“, und er als Glaubenspräfekt könne darin keinen Widerspruch zur Lehre der Kirche erkennen, die in diesem Punkt „klar und eindeutig ist“. Er sehe derzeit „keine Gefahr“ für den Glauben der Kirche, die eine „brüderliche Zurechtweisung“ rechtfertigen könnte. So hatte sich Kardinal Müller am vergangenen Sonntag in einem Interview mit TGcom24 geäußert.

Antwort auf Kardinal Müller

Müller attestierte zugleich den vier Unterzeichnern der Dubia (Zweifel) zu Amoris laetitia, ein „legitimes“ Recht ausgeübt zu haben, kritisierte aber, daß sie ihre Zweifel öffentlich machten. Dies, und eine öffentliche Diskussion über eine „brüderliche Zurechtweisung“, schade der Kirche.

Kardinal Burke ist einer der vier Unterzeichner der Dubia. Er war es auch, der die Möglichkeit und Notwendigkeit einer „brüderlichen Zurechtweisung“ des Papstes durch die Kardinäle in den Raum stellte, sollte das Kirchenoberhaupt sich weiterhin weigern, zum Ehesakrament und dem Kommunionempfang öffentlich die kirchliche Lehre zu vertreten und damit alle Zweideutigkeiten zu beseitigen. Der Kardinalpatron des Malteserordens ging vor Weihnachten soweit, einen Zeitplan für eine „brüderliche Zurechtweisung“ zu empfehlen. Dabei nannte er die Zeit nach Dreikönig.

Die Wortmeldung von Glaubenspräfekt Müller ist auch in diesem chronologischen Kontext zu sehen. Er meldete sich nach Ablauf der von Burke genannten Frist als Erster zu Wort, offenbar auch im Bestreben eine Zuspitzung abzuwenden.

Für Irritationen sorgte jedoch seine Aussage, Amoris laetitia sei „klar“. Der Glaubenspräfekt hatte sich zwar öffentlich nie gegen das nachsynodale Schreiben gestellt, sondern eine Interpretation im Licht der Tradition durchzusetzen versucht. Doch bereits am Vorabend der Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens war bekanntgeworden, daß Müller und die Glaubenskongregation größte Bedenken gegen bestimmte Formulierungen, besonders das Kapitel VIII haben, die inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit den formulierten Dubia der vier Kardinäle sind. Von den 20 Seiten an teils dringenden Korrekturvorschlägen übernahm Papst Franziskus jedoch nichts. Diese Brüskierung der fachlich zuständigen Behörde entspricht einer systematischen Isolierung der Glaubenskongregation durch den amtierenden Papst. Edward Pentin vom National Catholic Register schrieb daher, daß Müller im TGcom24-Interview „das genaue Gegenteil“ von dem sagte, was er bisher vertreten hatte. Pentin äußerte den „Eindruck“, der Kardinal habe nicht seine Meinung geäußert, sondern wiedergegeben, was von ihm verlangt worden sei.

Remnant-Interview von Kardinal Burke

In einem Interview mit der US-Zeitschrift The Remnant reagierte Kardinal Burke auf die jüngsten Müller-Aussagen und bekräftigte: Sollte Papst Franziskus nicht auf die in den Dubia formulierten fünf Fragen der Kardinäle antworten, werde es zur „brüderlichen Zurechtweisung“ kommen.

Der US-Kardinal sagte zudem, daß er nicht eine Aberkennung der Kardinalswürde fürchte, sondern das Urteil Gottes. Der Dekan der Rota Romana, Pio Vito Pinto, hatte eine Bestrafung der vier Unterzeichner der Dubia durch Aberkennung der Kardinalswürde in den Raum gestellt wegen ihrer Insolenz, ihre vom Papst ignorierten Fragen öffentlich gemacht zu haben.

Kardinal Burke wiederholte im Interview, daß Papst Franziskus selbst am Beginn des nachsynodalen Schreibens erklärt, daß Amoris laetitia nicht Teil des päpstlichen Lehramtes sei.

Der Kardinal, ein brillanter Kirchenrechtler, der vor seiner Absetzung durch Papst Franziskus Präsident des Obersten Gerichtshofes der Apostolischen Signatur war, erläuterte den Unterschied zwischen einer materiellen und einer formellen Häresie. Der „wirre“ Text von Amoris laetitia lasse es nicht zu, mit Sicherheit sagen zu können, ob es sich um eine materielle Häresie handelt. Dieser Punkt sei jedoch zu klären. Gleichzeitig deutete der Kardinal an, daß durch eine hartnäckige Weigerung von Papst Franziskus, eine Klärung herbeizuführen, der Übergang zu einer formellen Häresie gegeben sein könnte.

Fragen nicht zu klären, „wäre verheerend“

Die offenen Fragen, die von den Kardinälen in ihren Dubia formuliert wurden, nicht zu klären, wäre „wirklich verheerend“, so Kardinal Burke.

Die Bischöfe der Kirchenprovinz Buenos Aires, für die ein besonderes Näheverhältnis zum regierenden Papst angenommen werden muß, legten im vergangenen September ein Pastoraldokument vor, in dem sie unter Verweis auf Amoris laetitia die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion gutheißen. Papst Franziskus lobte dieses Dokument. Allerdings, so Burke, scheint er auch dabei keine lehramtliche Autorität beansprucht zu haben. Auch dieser Punkt bedürfe dringend einer Klärung.
Der Kardinal sagte es nicht, deutete es aber im Kontext an, daß dieses zustimmende Lob für das Pastoraldokument von Buenos Aires, das inhaltlich ausspricht, was Amoris laetitia nur halbverschleiert äußert, ein Akt formeller Häresie sein könnte.

„Ich fürchte Gott, nicht den Verlust der Kardinalswürde“

Der Verlust der Kardinalswürde, der von Vertrauten des Papstes in den Raum gestellt wurde, bekümmere ihn nicht, so der Kardinal. Was er fürchte sei, wie er einst „vor Unserem Herren beim Jüngsten Gericht“ stehen werde und Ihm sagen müßte: „Nein, ich habe Dich nicht verteidigt, als Du angegriffen wurdest. Die Wahrheit, die Du lehrst, wurde verraten.“ Das beschäftige ihn, so Burke, nicht der Kardinalspurpur.

Der Kardinalpatron des Malteserordens verteidigte seinen Vergleich der derzeit herrschenden „Verwirrung“ mit dem arianischen Streit des vierten Jahrhunderts. Beide Fälle betreffen fundamentale Glaubenswahrheiten: „die Wahrheit über die Heilige Ehe und die Wahrheit über die Heilige Eucharistie“. Wenn diese Verwirrung nicht aufhöre, „werden wir eine Situation haben, daß es innerhalb der Kirche große Personengruppen geben wird, die den katholischen Glauben nicht glauben, wie es dem Heiligen Ambrosius ergangen ist, als er Bischof von Mailand wurde.“ Das sei eine „ernste Angelegenheit“.

The Remnant fragte, „was nun“ geschehen werde, da der Kardinal für den Fall einer hartnäckigen Weigerung des Papstes, auf die Dubia zu antworten, eine „brüderliche Zurechtweisung“ in den Raum gestellt hatte. Die „brüderliche Zurechtweisung“ würde darin bestehen, so der Kardinal, das eindeutig zu bekräftigen, was die Kirche immer gelehrt hat. Die Vorgehensweise würde dabei weitgehend dem der Dubia entsprechen. Wörtlich sagte Kardinal Burke:

„Nun, diese sieht nicht viel anders aus als die Dubia. Mit anderen Worten: Die Wahrheiten, die von Amoris laetitia in Frage gestellt zu werden scheinen, würden neben das gesetzt, was die Kirche in der offiziellen Lehre der Kirche immer gelehrt und praktiziert hat. Auf diese Weise würden diese Irrtümer korrigiert werden.“

Quelle: katholisches.info

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