Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Bernhard (1091-1153), Zisterziensermönch und Kirchenlehrer
Lob der Jungfrau Maria 4,11
„Mir geschehe, wie du es gesagt hast“
Lasst uns alle auf die Antwort derjenigen hören, die dazu auserwählt wurde, die Mutter Gottes zu sein, und die dennoch ihre Demut nicht verloren hat: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ […] Mit diesen Worten drückt Maria eher aus, wie lebhaft ihr Wunsch ist, als dass sie, nach der Art eines noch zweifelnden Menschen, um seine Verwirklichung bäte. Nichts spricht jedoch dagegen, in diesem „fiat“, diesem „mir geschehe“, ein Gebet zu sehen […] Denn Gott will, dass wir ihn auch um Dinge bitten, die er uns verheißt. Das ist zweifellos der Grund dafür […] uns Vieles zu verheißen, was uns zu schenken er bereits beschlossen hat: Die Verheißung weckt unseren Eifer, und das Gebet bewirkt, dass wir das verdienen, was wir umsonst bekommen hätten […]
Die Jungfrau hat das verstanden, denn sie hat das Geschenk der ungeschuldeten Verheißung durch das Verdienst ihres Gebetes ergänzt: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast! Das Ewige Wort möge mich zu dem machen, was dein Wort heute sagt. Das Wort, das am Anfang bei Gott war (Joh 1,1), möge Fleisch aus meinem Fleisch werden, wie du es gesagt hast. […] Das Wort möge nicht nur meinen Ohren vernehmbar werden, sondern meinen Augen sichtbar, meinen Händen fühlbar und dass ich es in meinen Armen tragen kann. Es soll kein geschriebenes, stummes Wort sein, sondern das Fleisch gewordene, lebendige Wort; nicht wie tote Zeichen auf einem dürren Pergament, sondern ein Wort mit lebendiger Gestalt, meinem Leib lebendig eingeprägt […] ‚Vielfältig und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten‘ (Hebr 1,1); sein Wort wurde ihnen zuteil, auf dass sie es hören, verkünden oder ausüben […] Was mich betrifft, bitte ich darum, dass dieses Wort in meinen Schoß gelegt wird […] Ich rufe das Wort an, das in mich eingesenkt ist in Stille, Fleisch geworden in einem Menschen, mit meinem Fleisch fleischlich eins geworden […] Lass es in mir geschehen für die ganze Welt.“
Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner