06.02.2018 – Dienstag der 5. Woche im Jahreskreis

Kommentar zum heutigen Evangelium 
Hl. Augustinus (354-430), Bischof von Hippo (Nordafrika) und Kirchenlehrer
Ausführungen über die Psalmen, Ps 99, § 5

„Dieses Volk ehrt mich mit den Lippen, sein Herz aber ist weit weg von mir“

Wer hat alles geschaffen? Wer hat dich selbst geschaffen? Was sind alle diese Geschöpfe? Was bist du selbst? Und wie kann man beschreiben, was der ist, der alles geschaffen hat? Um es sagen zu können, muss dein Gedanke ihn empfangen […]: Dein Denken richte sich also ganz auf ihn. Komm nahe an ihn heran. Um etwas besser sehen zu können, nimmst du es näher in Augenschein […] Doch Gott wird nur im Geiste gesehen, er wird nur mit dem Herzen ergriffen. Und wo ist das Herz, mittels dessen man Gott sehen kann? „Selig, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen“ (Mt 5,8) […]

In einem Psalm kann man lesen: „Tretet hin zu ihm, so werdet ihr licht“ (Ps 33,6 Vulg). Um hinzuzutreten und erleuchtet zu werden, musst du die Finsternis verachten […] Du bist ein Sünder, du musst gerecht werden. Doch du kannst die Gerechtigkeit nicht empfangen, wenn das Böse dir noch gefällt. Vernichte es in deinem Herzen und reinige dein Herz. Verjage die Sünde aus deinem Herzen, in dem derjenige wohnen möchte, den du zu sehen verlangst. Die menschliche Seele – „der innere Mensch“ (vgl. Eph 3,16) – nähert sich Gott so sehr, wie sie kann, unser innerer Mensch also, neu geschaffen nach dem Bilde Gottes, der Mensch, der nach dem Bild Gottes geschaffen worden ist (Gen 1,26), doch sich von Gott entfernt hat, indem er ihm unähnlich wurde.

Sicherlich geschieht es nicht in räumlicher Art, dass man sich Gott nähert oder sich von ihm entfernt: Wenn du ihm nicht mehr ähnlich bist, entfernst du dich von Gott; wenn du ihm ähnlich bist, näherst du dich ihm. Sieh also, in welcher Weise der Herr es wünscht, dass wir uns ihm nähern: Zuerst macht er uns ihm ähnlich, damit wir ihm nahe sein können. Er sagt zu uns: „Seid wie euer Vater im Himmel, der seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute und der es regnen lässt über Gerechte und Ungerechte.“ Verstehe also immer besser, deinen Feind zu lieben (vgl. Mt 5,44-45). So wie diese Liebe in dir wächst, führt sie dich zurück und formt dich neu nach dem Bild Gottes […]; und je mehr du dich dieser Gottähnlichkeit näherst, indem du in der Liebe voranschreitest, desto mehr wirst du die Gegenwart Gottes erspüren. Wen aber fühlst du? Der zu dir kommt oder zu dem du zurückkehrst? Er ist nie von dir gewichen, du jedoch bist weit von ihm weggegangen.

Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner

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