Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Franz von Sales (1567-1622), Bischof von Genf und Kirchenlehrer
In Ephata II, S. 213
„Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“
Konnte Gott der Welt etwa kein anderes Heilmittel verschaffen, als den Tod seines Sohnes? […] Ganz sicher; und er hätte uns durch tausend andere Mittel loskaufen können, als durch den Tod seines Sohnes. Doch er wollte es nicht anders, denn was genügt hätte zu unserem Heil, das genügte seiner Liebe nicht. Und um uns zu zeigen, wie sehr er uns liebt, ist dieser göttliche Sohn gestorben, und zwar eines der grausamsten und verachtenswertesten Tode, des Todes am Kreuz.
Was bleibt uns also und welche Konsequenzen ziehen wir daraus, wenn nicht diese, dass auch wir, da er schon aus Liebe zu uns starb, aus Liebe für ihn sterben müssen, oder wenigstens nicht anders, als aus Liebe zu ihm leben, wenn wir schon nicht aus Liebe sterben können […] Damit haderte schon der große hl. Augustinus: „Herr“, so sagte er, „ist es möglich, dass der Mensch weiß, dass du für ihn gestorben bist, und dass er trotzdem nicht für dich lebt?“ Und dieser große Liebende Franziskus: „Ach“, sprach er tränenüberströmt, „du bist gestorben aus Liebe und niemand liebt dich!“ […]
Es gibt keine andere Erlösung als an diesem Kreuz. O Gott, was für ein großer Nutzen und was für ein Gewinn ist es für uns, das Kreuz und die Passion zu betrachten! Ist es möglich, diese Demut unseres Erlösers anzuschauen, ohne demütig zu werden und die Demütigungen zu lieben? Kann man seinen Gehorsam sehen, ohne gehorsam zu sein? Nein, ganz sicher hat niemand unseren Herrn am Kreuz gesehen und blieb tot oder krank. Ganz im Gegenteil: All jene, die sterben, tun dies, da sie ihn nicht anschauen wollen, so wie jene der Kinder Israels, die nicht zur Schlange aufblicken wollten, die Moses an den Pfahl gehängt hatte.
Quelle: Archiv der Herz Jesu Franziskaner