Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Athanasius (295-373), Bischof von Alexandrien und Kirchenlehrer
Über die Menschwerdung des Logos und dessen leibliche Erscheinung unter uns, 27-29 (vgl. Bibliothek der Kirchenväter, München 1917)
„Ihr stammt nicht von der Welt, weil ich euch aus der Welt erwählt habe“
Da der Tod nun einmal durch den Retter besiegt und ans Kreuz genagelt ist wie an einen Schandpfahl, so treten nach Überwindung des Todes, seiner Bloßstellung im Kreuz des Heilandes […] auf ihn alle, die in Christus vorübergehen, und sie verspotten ‒ zum Zeugnis für Christus ‒ den Tod und verhöhnen ihn mit den Worten der Schrift: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“ (1 Kor 15,55). […] Ist es ein schwacher Beweis für den Sieg des Heilandes über den Tod, wenn die christlichen Jungen und Mädchen das Leben hienieden nicht achten und sich zum Sterben rüsten? Von Natur aus fürchtet ja der Mensch den Tod und die Auflösung des Leibes. Daher ist es sogar auffallend, dass der, welcher den Glauben an das Kreuz angenommen hat, um Christi willen die Natur nicht achtet und den Tod nicht scheut. […]
Und wenn der Tod zuvor die Macht hatte und deshalb furchtbar war, aber jetzt ‒ nach der Ankunft des Heilandes und nach dem Tod seines Leibes und der Auferstehung ‒ verachtet wird, so ist doch wohl offenbar der Tod eben von Christus, der das Kreuz bestiegen hat, entkräftet und besiegt worden. Denn wie es ganz unzweifelhaft ist, dass, wenn nach der Nacht die Sonne aufgeht und der ganze Erdkreis von ihr beleuchtet wird, eben die Sonne mit ihrem ausstrahlenden Licht auch zugleich die Finsternis verscheucht und alles erleuchtet, so ist es auch ganz klar, dass, […] es eben der im Fleisch erschienene Heiland ist, der den Tod vernichtet hat und tagtäglich in seinen Jüngern Siege über ihn aufzuweisen hat. […] wenn man Zeuge davon ist, wie Männer, Frauen und zarte Kinder um ihres christlichen Glaubens willen freudig in den Tod gehen und sich hineinstürzen, ‒ wer wäre da noch so töricht oder so ungläubig, oder wer geistig noch so verblendet, dass er nicht einsähe und bedächte, dass Christus selbst, für den die Menschen das Zeugnis ablegen, einem jeden den Sieg über den Tod verleiht und gibt, indem er die Macht des Todes in jedem bricht, der den Glauben an ihn hat und das Zeichen des Kreuzes trägt?