Wien-Terror: Wäre das Attentat zu verhindern gewesen?

freilich-magazin (Screenshot)

Die Nachrichtenagentur der IS-Terroristen postet die Bekennung zum Wien-Anschlag. Gleichzeitig wird klar, dass der Wiener Terrorist in letzter Zeit versucht hat, Munition zu beschaffen. Geheimdienste wussten das, haben aber scheinbar nichts unternommen.

Die Terrororganisation Islamischer Staat ist auch eine Medienorganisation. Und der ist wichtig, dass sie exakt berichtet, dass einer „ihrer Jungs“ etwas getan hat. Selbst wenn die Täter als relativ autonome Zellen arbeiten, heißt das, dass sie Kontakt zu einer „Zentrale“ gehabt haben, denn es muss ihnen bewusst gewesen sein, was sie tun: sie erklären ihre Motive, liefern den IS-Medienarbeitern eine „Bayah“, ein Gefolgschaftsgelöbnis, und gestellte Bilder.

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Bereits am Tag nach der Tat hat die IS-Nachrichtenagentur Amaq auf ihrem Telegram-Kanal dieses Bekenntnis zum Wiener Anschlag gepostet. Darauf zu sehen ist der Attentäter Kujtim F., der mit seinem Kampfnamen „Abu Dagnah Al-Albany“ angesprochen wird. Der Beisatz „der Albaner“ bezieht sich auf den ethnischen Hintergrund des Mannes, der bei uns gerne als „Nordmazedonier“ erwähnt wird. Kujtim posiert mit seiner jugoslawischen Kalaschnikow, der Tokarev Pistole und Machete. Er trägt einen Ring mit der Aufschrift „Mohammed ist der Botschafter Allahs”. Der Islamische Staat verkündete den Tod des Mannes, der beim Attentat „erfolgreich“ als Märtyrer gefallen sei. Knapp danach postet er ein Video in dem Kujtim F. auf Arabisch dem aktuellen Obersten Chef des Islamischen Staates, Abu Ibrahim al-Hashemi al-Quraishi, seine Gefolgschaft schwört.

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Dieses mediale Prozedere zeigt auch, dass das Wiener Attentat keine spontane Tat ist. Gleichzeitig garantiert dieses Vorgehen dem Attentäter, dass er nicht als „Wahnsinniger Amokläufer“ oder psychisch Kranker marginalisiert werden kann im Land seines Anschlags. Er sieht seine geplante Tat ja als bewussten Akt des „Heiligen Krieges“ und will mit seinem „Selbstopfer“ als Märtyrer ins Paradies eingehen. Kujtim´s Anschlag in der Wiener Innenstadt hat nur neun Minuten gedauert, bevor er von einem Beamten der WEGA neutralisiert wurde. Übrigens ein großer Erfolg der Wiener Polizei, die schnell und entschlossen reagiert hat. Was auch zeigt, dass man sich effizient auf so ein Szenario vorbereitet hatte.

Chronik eines angekündigten Massenmordes

Bei uns wird der Zusammenhang Kujtim F. und IS medial nach unten gespielt, weil er natürlich auf eine organisatorische Verstrickung deutet und damit nicht gefällt. Dabei gibt es noch andere Belege für die direkte Anbindung Kujtims an eine vitale Dschihadistenszene in Wien. Er wurde bei seinem ersten Versuch sich dem IS in Syrien anzuschließen, aus einem Safe House der Islamisten in der Türkei heraus verhaftet. Also hatte er bereits bei der Reise den direkten Kontakt zum Islamischen Staat. Beim Terrorprozess in Wien gab er sich gewandelt und wurde als geläutert vor gut einen Jahr als verurteilter Terrorist aus der Haft entlassen. „Ein harmloser, junger Bub“, meint jetzt sein Anwalt von damals.

Offensichtlich hat er sich aber weiter in der Wiener islamistischen Szene bewegt. Und das nicht unbeobachtet. Die Sache wird zum Skandal, wo geheimdienstliche Unterlagen festhalten, dass der spätere Wiener Terrorist offenbar im Juli 2020 in der Slowakei unterwegs war und offensiv versucht hat Kalaschnikow-Munition zu kaufen. Aufgrund fehlender Waffenbesitzlegitimation hat er dort aber scheinbar keine Munition bekommen. Die „vertrauliche Information“ der Behörde weiß auch, dass er dazu das Fahrzeug der Mutter eines Freundes – ebenfalls radikaler Islamist – verwendet hat, der aber nicht mitgefahren ist. Der bisher unbekannte Mitfahrer – sehr sicher auch radikaler Islamist – dagegen könnte ein Unterstützer des Terroristen sein.

Islamist kauft Munition. Nichts passiert?

Die Gesamtbilanz scheint auf deutliches Behördenversagen im Antiterror-Bereich hinzuweisen: ein verurteilter Islamist, der sich als geläutert verstellt hat, sich aber nach Freilassung weiter in radikal-islamistischen Kreisen bewegt hat, hat wenige Monate vor dem Attentat aktiv mit Freunden versucht, Munition für (s)eine Kalaschnikow zu beschaffen. Der slowakische Nachrichtendienst dürfte das nach Österreich gemeldet haben, wo scheinbar in Folge nichts passiert ist. Munitionsbeschaffung macht nur Sinn, wenn man eine Waffe hat.

Wenn man alle diese Fakten zusammen rechnet, muss man sich die Frage stellen: Wäre das Wiener Attentat durch einen bekannten Islamisten zu verhindern gewesen? Und wie haben Polizei und Geheimdienst die radikalen Islamisten in Wien im Griff? Ist Kujtim F. also ein österreichischer Anis Amri? Dessen Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz wäre vermutlich ebenfalls zu verhindern gewesen wie die jetzige Tat des Austroalbaners.

Quelle: freilich-magazin

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