Der Hausliturgiker des Papstes ist begeistert

Ein Grund zur Sorge

(Rom) Der Hofliturgiker von Papst Franziskus, Andrea Grillo, freut sich über die weltweite Befragung der Diözesanbischöfe zur Umsetzung des Motu proprio Summorum Pontificum. Auf Facebook meldete er sich hocherfreut darüber und aggressiv zu Wort.

Andrea Grillo lehrt Liturgiewissenschaften am Päpstlichen Athenaeum Sant’Anselmo des Benediktinerordens in Rom. Summorum Pontificum, das Motu proprio, mit dem der überlieferten Form des Römischen Ritus 2007 von Papst Benedikt XVI. neue Freiräume erschlossen wurden, ist für Andrea Grillo das Haßobjekt schlechthin, das er lieber heute als morgen entsorgen würde.

Dabei ist Grillo nicht irgendein Liturgiewissenschaftler an einer der zahlreichen katholischen oder auch päpstlichen Universitäten. Er ist der Liturgiker, der derzeit bei Papst Franziskus offene Ohren findet. Grillo ist kein isolierter Einzelgänger, sondern gut vernetzt. Vor allem wird er in Santa Marta und in der Italienischen Bischofskonferenz als „Hausliturgiker“ des Papstes geschätzt.

Grillos persönlicher Rachefeldzug setzt sich zum Ziel, den Zugang zum überlieferten Ritus so schwer als möglich zu machen und unter strenge Aufsicht zu stellen. Er bezeichnete im April 2019 den von Benedikt XVI. durch Summorum Pontificum geschaffenen Zustand als eine „immer lähmendere Verlegenheit“. Dieser habe mit seinem Motu proprio die Einheit des Ritus im Corpus ecclesiae zerrissen, weshalb eine schnelle Rückkehr zu einem einheitlichen Ritus dringend geboten sei. Laut Grillo kann die Wiederherstellung der „Einheit des Ritus“ nur die konsequente Durchsetzung des Novus Ordo bedeuten.

Grillo gilt als Schlüsselfigur der von Papst Franziskus Ende 2016 errichteten Geheimkommission, die hinter dem Rücken von Kardinal Sarah, dem Präfekten der zuständigen Kongregation, an einer „ökumenischen Messe“ bastelt. Der Vatikan dementierte die Existenz dieser Kommission, doch der spanische Kolumnist Francisco Fernandez de la Cigoña, in Personalfragen stets gut informiert, veröffentlichte im Januar 2017 die Namen der Kommissionsmitglieder, darunter auch den von Grillo. Fernandez de la Cigoña merkte dazu an, daß das Gehör, das Grillo in Santa Marta finde, „äußerst besorgniserregend“ sei, so wie die Besetzung der Geheimkommission „in Summe äußerst besorgniserregend“ sei.

Die Angriffe auf Benedikt XVI. und Kardinal Sarah

2017 attackierte er Kardinal Robert Sarah, den Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, mit unglaublicher Härte. Mit der Aufforderung an alle Priester zur Zelebrationsrichtung Osten, ad orientem, zurückzukehren, hatte sich der Kardinalpräfekt den unerbittlichen Zorn des Liturgikers zugezogen. Grillo beschimpfte den Kardinal als „inkompetent“ und „ungeeignet“ für sein Amt.

Seit Benedikt XVI. auf sein Amt verzichtete, wird auch er von Grillo offen attackiert. Die Angriffe haben sich in den vergangenen Jahren verstärkt. Vollends die Fassung verlieren ließ ihn, als Benedikt XVI. zum Buch „Die Kraft der Stille“ von Kardinal Sarah ein Nachwort beisteuerte. In der päpstlichen Entourage geht nämlich eine Angst um, die Angst vor einem „Verzicht auf den Verzicht“.

Was nämlich, wenn Benedikt XVI., der weiterhin seinen Papstnamen und zahlreiche sichtbare Zeichen der päpstlichen Würde beibehalten hat, von seinem Amtsverzicht zurücktritt und seine Vollmachten als Papst wieder in Anspruch nimmt? Diese Option erscheint zwar altersbedingt immer unwahrscheinlicher, doch Grillo äußerte besorgt die Frage, was geschehen könnte, sollte Papst Franziskus vor Benedikt XVI. sterben.

Zugleich beschuldigte er Benedikt XVI., den er nur als „Ratzinger“ ansprach, der Grund des „Scheiterns“ der Kirche zu sein. Wenn es eine Kirchenkrise gebe, dann wegen Benedikt XVI., so der Hausliturgiker von Santa Marta.

Während Benedikt XVI. zu den Angriffen gegen seine Person schweigt, antwortete Kardinal Sarah am 6. Juni 2017:

 „Die Arroganz, die Gewalttätigkeit der Sprache, der Mangel an Respekt und die unmenschliche Verachtung für Benedikt XVI. sind diabolisch und bedecken die Kirche mit einem Mantel der Traurigkeit und der Schande. Die Personen zerstören die Kirche und ihre tiefere Natur. Der Christ bekämpft niemanden. Er hat keine Feinde zu besiegen.“

Grillos Einschränkungsphantasien

Am 18. Februar 2019 formulierte Grillo folgende Schlußfolgerungen aus der von ihm „festgestellten“ Krise der Kirche, die eine liturgische Krise sei, und die habe Benedikt XVI. mit Summorum Pontificum verschärft:

  • Der Aufschwung der Liturgiereform kann nicht erfolgen, wenn nicht alle an einem einzigen Ritus arbeiten.
  • Der Zugang zum vorherigen Ritus, der dazu bestimmt ist, zu verlöschen, kann nur unter außergewöhnlichen Bedingungen erfolgen, unter der Aufsicht der örtlich zuständigen Autorität.
  • Die „Ausarbeitung“ des neuen Ritus, mit allen Korrekturen und notwendigen Förderungen, kann nur an einem „einzigen Tisch“ erfolgen: Zwei Ritus-Formen, von denen eine Form entstanden ist, um die andere zu ersetzen, können nichts anderes als Spaltung, Zerrissenheit und Zwietracht hervorrufen.

Umgekehrt wurde die Zusammenarbeit zwischen dem deutschen Papst und dem Kardinal aus Guinea durch die Angriffe noch enger und mündete Anfang 2020 in dem gemeinsamen Buch „Aus der Tiefe des Herzens“, mit dem sie das sakramentale Priestertum und den priesterlichen Zölibat verteidigen. Nicht zuletzt diesem Buch wird es zugeschrieben, daß Papst Franziskus vor der allgemein erwarteten Aufweichung des Zölibats in seinem nachsynodalen Schreiben zur Amazonassynode zurückschreckte.

Diese Intervention Benedikts XVI. mit Hilfe von Kardinal Sarah steigerte Grillos Abneigung gegen die beiden Kirchenvertreter noch mehr.

Wie abgründig Grillos Haß gegen Summorum Pontificum ist, zeigte sich am 1. Juni 2018. An jenem Tag wurde Lorenzo Fontana (Lega), mehrfacher Familienvater, als Italiens Familienminister vereidigt. Fontana, der bis zum Bruch der Koalition aus Fünfsternebewegung und Lega im Sommer 2019 Mitglied der Regierung blieb, ist traditionsverbundener Katholik und besucht mit seiner Familie die Heilige Messe im überlieferten Ritus. Auf Facebook schrieb Grillo noch am Tag der Vereidigung verächtlich:

„Eine der Voraussetzungen für Fontanas Faschismus ist Summorum Pontificum. Memento…“

Summorum Pontificum, so der Liturgiker im Jargon der antifaschistischen Linken, mit der er in jenen Tagen den Schulterschluß praktizierte, „sichere reaktionären Abwegen der Politik die Legitimation, nicht nur in Italien“.

Fontana selbst reagierte gelassen und sagte in einem Zeitungsinterview:

„Der Haß der Eliten erschreckt mich nicht.“

Grillos freudige Reaktion auf das Bekanntwerden der weltweiten Befragung zu Summorum Pontificum darf auch in diesem Zusammenhang gesehen werden.

Wurde Sektion IV nur „informiert“?

Laut Informationen der traditionsverbundenen Seite Messa in Latino sei die Sektion IV der Glaubenskongregation, die der ehemaligen Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei entspricht, in die Entscheidung zur Durchführung der Befragung und in die Ausarbeitung der Fragen nicht eingebunden gewesen. Die Sektion IV, obwohl für Summorum Pontificum zuständig, sei erst bei vollendeten Tatsachen „informiert“ worden.

Andrea Grillo veröffentlichte einen Appell, mit denen er sich gegen das Dekret Quo magis der Glaubenskongregation wandte, mit dem diese sieben neue Präfationen für die überlieferte Form des Römischen Ritus gebilligt hatte. Mit dem zweiten Dekret Cum sanctissima wurden Heilige, die erst nach 1960 kanonisiert wurden, in den überlieferten Ritus integriert. Die beiden Dekrete vom 22. Februar waren im März publik gemacht worden und führten bei Grillo zu einer empörten Reaktion. Der Liturgiker bezeichnet die von Benedikt XVI. mit Summorum Pontificum geschaffene Situation von zwei Formen des Römischen Ritus als „Ausnahmezustand“.

Auf Grillos Appell gab es keine offizielle Reaktion aus dem Vatikan, aber die Antwort von Msgr. Markus Graulich, Untersekretär der Päpstlichen Kommission für die Gesetzestexte. Grillo forderte die „sofortige“ Rücknahme beider Dekrete. Letztlich, wie aus dem Text hervorgeht, zielt Grillo aber weniger auf die beiden Dekrete, sondern auf Summorum Pontificum ab. Laut Messa in Latino habe der Appell eine Untersuchung der Angelegenheit ausgelöst, die alle darin genannten Kongregationen betrifft: die Glaubenskongregation, die Gottesdienstkongregation und auch die Bildungskongregation. Eine Bestätigung für diese Information fehlt allerdings noch.

„Das Ende für den Ausnahmezustand?“

Ob die Begeisterung, mit der Grillo gestern auf das Bekanntwerden von Befragung und Fragebogen reagierte, den Schluß zuläßt, daß diese unter seiner Mitwirkung entstanden sein könnte oder zumindest aus seinem Umfeld stamme, sei dahingestellt. Seine Begeisterung aber ist eine Tatsache und dürfte nicht dazu beitragen, die in den traditionsverbundenen Kreise aufgebrochene Sorge zu verkleinern.

Auf seiner Facebook-Seite schrieb Grillo gestern abend:

„Innerhalb Juli werden alle Bischöfe vom Papst mit einem Fragebogen zu Summorum Pontificum befragt. Das Ende für den Ausnahmezustand?

Kurz darauf ergänzte er:

„Nun werden die Theologen und Liturgiker detailliert die Mängel des liturgischen Ausnahmezustandes erklären müssen. Das wird ein kostbarer Dienst sein.“

Messa in Latino schreibt dazu:

„Liest man den Fragebogen und diese Informationen gemeinsam, können wir die Sorge nicht unterdrücken, daß sie unter jene Kategorie fallen, die ausgeklügelt werden, um ein vorgefertigtes Ergebnis zu erzielen und daß das Ergebnis in der ‚Feststellung‘ des Scheiterns von Summorum Pontificum bestehen könnte.
Dieses Scheitern würde dann wohl auf der Ebene der „liturgischen Versöhnung, der gegenseitigen Bereicherung der beiden Formen des Römischen Ritus und vor allem auf pastoraler Ebene und der Priesterausbildung ‘festgestellt‘ werden.“

Damit könnte die Gefahr im Raum stehen, die Reichweite von Summorum Pontificum einzuschränken und auf die Indult-Ebene zurückzudrängen – „oder noch schlimmer“.

Messa in Latino ruft daher den Populus Summorum Pontificum auf, konkret die Gläubigen, „schon jetzt alle Interessierten wissen zu lassen, daß sie, sollte dem wirklich so sein, ertappt wurden, und daß dieses Volk alles tun wird, um sich nicht wie die törichten Jungfrauen zu verhalten.“

Quelle: katholisches, G. Nardi Bild: CFM.SCJ Archiv Alexandria

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