27.03.2018 – Dienstag der Karwoche

Kommentar zum heutigen Evangelium 
Hl. Leo der Große (?-um 461), Papst und Kirchenlehrer
Sämtliche Sermonen, LVIII, 7. Predigt über das Leiden des Herrn, §§ 3-4 (vgl. Bibliothek der Kirchenväter, München 1927)

„Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht“

Mit den Worten: „Wahrlich, ich sage euch, einer von euch wird mich verraten“ bewies also der Herr, dass er um die böse Absicht seines Verräters wusste. Nicht durch harten und offenen Tadel bringt er den gottvergessenen Jünger in Verwirrung, nein, mit sanftem und stillem Mahnen naht er sich ihm, um den umso leichter durch Reue zu bessern, dem die Schmach einer Ausstoßung erspart geblieben war.

Warum machst du dir, unseliger Judas, eine solche Güte nicht zunutze? Siehe, in schonender Weise spricht der Herr von deinem Vorhaben, und Christus verrät dich keinem, außer dir selbst! Weder dein Name noch deine Person wird bloßgestellt. Nur auf deine geheimen Gedanken spielt er mit wahrheitsgetreuen und mitleidigen Worten an. Weder die Ehre des apostolischen Ranges noch die Teilnahme an den Sakramenten wird dir versagt. Kehre wieder auf den rechten Weg zurück, lasse ab von deinem wahnsinnigen Beginnen und besinne dich auf dich selbst! Gottes Milde ladet dich dazu ein, dein Retter klopft an dein Herz, und er, der das Leben selbst ist, ruft dich zum Leben zurück. Siehe, die anderen Jünger, die rein und schuldlos sind, erschrecken bei der Andeutung dieser Missetat und fürchten insgesamt für sich selbst, da sie nicht den Namen des Frevlers hören! Sie sind traurig geworden, nicht etwa weil sie sich schuldig fühlen, sondern weil sie wissen, wie unbeständig und wankelmütig der Mensch ist. Sie sind in Sorge, es möchte ihre Kenntnis des eigenen Ichs weniger zuverlässig sein als das, was die Wahrheit selbst vorhersah. Sie, die sich keiner Schuld bewusst sind, zittern, und du missbrauchst die Langmut des Herrn und hältst dich, dreist wie du bist, für unentdeckt. […]

Da sprach der Herr, als er sah, auf welche Untat des Judas Sinnen und Trachten gerichtet war: „Was du tun willst, tue bald!“ In diesem Wort liegt kein Befehl, sondern eine stille Erlaubnis. Es offenbart sich darin nicht Furcht, sondern Bereitschaft. Damit bekundete vielmehr jener, der über alle Zeit gebietet, dass er seinem Verräter freie Hand lässt und er in der Weise dem Willen seines Vaters, die Welt zu erlösen, nachkommt, ohne das von seinen Gegnern geplanten Verbrechen zu provozieren noch davor zurückzuschrecken.

Quelle: CFM.SCJ Archiv Yaoundé

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